Ältester Briefmarkensammlerverein Deutschlands


Hindenburgfrankaturen Teil 7

Besondere Postlaufwege (2)

Nicht immer erklärt sich aus dem Beleg die ganze Beförderungsgeschichte und das ist das Reizvolle daran! Beispielhaft dafür ein Einschreibebeleg der Arnstadter Grundstücks- Verwaltungs AG Berlin, aufgeliefert am 28.1.1938 in "Berlin NW 6" (Abbildung 1) nach Arnstadt, Ankunftsstempel rückseitig am Folgetag.



Abbildung 1

Warum er nur mit acht Pf als Ortsporto zu der Einschreibegebühr von 30 Pf frankiert wurde, bleibt im Unklaren. Nahm das Unternehmen an, zum Ortsporto versenden zu dürfen, weil der Brief an das Finanzamt Arnstadt gerichtet ist und die Firma dort ihren Sitz hat? Die erste Zeile des handschriftliche Vermerks des Finanzamts unten ist leider schwer zu entziffern. Deshalb bleibt unklar, warum bei einem fehlenden Porto von vier Pf für den Fernbrief für 12 Pf dann nur vier Pfennig Nachporto statt dem anderthalbfachen Fehlbetrag von eigentlich 6 Pf neben der durchgestrichenen 8 Pf Marke stehen. War der Absender eine Behörde, konnte die Post schon mal so kulant verfahren; kaum aber bei Post an eine Behörde. Oder war das ein Versuch, kulant zu sein, um das Finanzamt doch zur Annahme des Einschreibebriefs zu bewegen? Ansonsten ging die Rücksendung eben doch zur Lasten der Post. Das Finanzamt sandte den Brief jedenfalls wieder "Zurück" wie der blaue Stempel neben den Marken ausweist, wohl weil es nicht ein Nachporto ausgleichen wollte bzw. durfte. Um bei der Retounierung Schwierigkeiten zu vermeiden, wurden der Berliner R-Zettel und der Eingangsstempel des Finanzamts darunter blau durchgestrichen. Einen Ankunftsstempel retour in Berlin gab es nicht, aber es war ja auch kein Einschreibebeleg mehr! Im Ergebnis alles andere als ein Durchschnittsbrief.



Abbildung 2

Kein Standard ist auch der Bahnhofsbriefkasten für den Beginn einer Postbeförderung, so für den Postscheckbrief mit Michel 548 ab "Breslau-Deutsch?" (Abb. 2). Anzumerken ist zu dem Beleg, dass zudem diese Kombination der Frankatur Hindenburg-Trauerrand mit der Versendungsform Postscheckbrief allein schon aufgrund der begrenzten Gültigkeit der Trauerrandmarken bis Ende 1935 (Teil 1) selten zu nennen ist.



Abbildung 3

Nur in Hamburg durften Belege ihre Reise im Briefkasten der Strassenbahn starten (Abbildung 3). Dafür war ein Sonderporto von fünf Pfennig zu entrichten, womit wir zu der doch überraschenden Portostufe von 17 Pfennig kommen, die der Beleg von 1934 korrekt ausweist. Leider kann ich meine Oma nicht mehr zu diesem Kuriosum befragen, die in Hamburg als Strassenbahnschaffnerin gearbeitet hat. Aufgrund der Begrenzung auf Hamburg für dieses Sonderporto gibt es nur wenige Belege, um die sich die Spezialsammler streiten. Es soll sogar Zeppelinbelege geben, die die Strassenbahn-Aufgabe haben; gesehen hat der Autor noch keinen.

Wenn wir schon in Hamburg sind, dann wollen wir frei nach Karl Lagerfeld "Deutschlands Tor zur Welt", so schmückt sich ja die Elbmetropole, auch durchschreiten und nicht nur bestaunen, wir wollen aufs Meer, jawoll! Und so reisen wir mit Belegen mit den kleinen Hindenburg-Marken per Dampfschiff z.B. nach "New York-City", wie der Einschreibebrief aus "Fürth" (Abbildung 4) vom 5.3.1933 korrekt mit 55 Pf (25 Pf Ausland plus 30 Pf Einschreibegebühr) frankiert.



Abbildung 4

Rückseitig sind am 14.3.1933 die ovalen amerikanischen Ankunftsstempel mehrfach abgeschlagen. Interessant daran ist der unterstrichene Aufgabe- bzw. Leitvermerk "S.S. Bremen via Cherbourg". S.S. steht für Steam Ship=Dampfschiff und die Bremen war 1929 Gewinnerin des sogenanntes Blauen Bandes für die schnellste Atlantikquerung. Reichspräsident Hindenburg, dessen Bild von den Marken grüsst, hatte das Schiff am 16.8.1928 beim Stapellauf in Bremen getauft. Die Bremen hatte eine Katapultschleuder für ein HEINKEL Flugzeug an Bord, das im Juli 1929 die erste deutsche Katapultpost zur Beschleunigung des transatlantischen Postverkehrs beförderte (Abbildung 5).



Abbildung 5

Seltener als diese Pionierpostbelege, die von den Neuheitendiensten wie Behrens und Sieger begleitet wurden, sind mal wieder Retourbelege, die diesmal ihre auf einem Schiff befindlichen Adressatin nicht erreichten (Abbildung 6).



Abbildung 6

Der Brief ab "Wien", 22.3.1940 an "Fräulein Josefine Sobol" hat trotz Eilboten und Luftpostzustellung (25 Pf Ausland plus 50 Pf Ausland Eilbote plus 10 Pf Lupo=85 Pf) das Schiff Washington im Genuaer Hafen nicht rechtzeitig erreicht, wovon auch der links abgeschlagene Stempel kündet. Vielleicht lag das an der obligatorischen Zensur, die der rückseitige OKW-Verschlussstreifen (Teil 1) dokumentiert. Handsschriftlich ist die "Aperto..." am 24.3.1940 rückseitig vermerkt; von dem Tag datiert auch der italienische Ankunftsstempel. Die Rot-Unterstreichung des Schiffsnamens und die Beschriftung "Amerika..." vorderseitig hat wohl ein temperamentvoller Genueser Postbeamter vorgenommen, denn nach Amerika ging der Brief nicht, sondern "Zurück." Der rückseitig vermerkte Absender ist deshalb blau umrandet; ein Ankunftsstempel "Wien" ist nicht abgeschlagen. Auch wenn es der Beleg nicht über den grossen Teich schaffte, aufregend ist gerade deshalb seine Beförderung für einen Philatelisten noch heute.



Abbildung 7

Als Höhepunkt von Belegen mit Hindenburgfrankaturen mit maritimen Beförderungen  soll hier ein Brief gelten, der aus "Schiffsbriefkasten" stammt bzw. direkt an Bord aufgegeben wurde und den Nebenstempel "Aus Dampfschiff*" trägt (Abb 7). Der Brief wurde dann in "Stettin" 1938 entwertet; ob das Porto von 25 Pf erforderlich war, vermag der Autor nicht zu sagen. Jedenfalls ist diese Aufgabe und der Stempel sehr selten. Auf einen Brief aus 1881 habe ich einen ähnlichen Stempel "Aus Wollin/per Dampfschiff", eine vergleichbare seltene Abstempelung. Ein Binnen-maritimer Gruss von einer -ausnahmsweise- Hindenburg-Ganzsache hier noch zum Schluss der Betrachtung besonderer Postlaufwege: Die am 15.10.1934 in "Schwerin" entwertete Ganzsache trägt den Nebenstempel "Aus dem Briefkasten Mueß-Fähre" (Abbildung 8).



Abbildung 8

Na dann wünschen ich Ihnen "Allzeit eine Handbreit Wasser unterm Kiel" bei Ihrer Suche nach besonderen Belegen mit dem nur auf dem ersten Blick so häufigen Hindenburg-Portrait.

Dr. Axel Eska  IPV 1877 Dresden e.V.

Verwendete Quellen: www.wikipedia