Ältester Briefmarkensammlerverein Deutschlands


Hindenburgfrankaturen

Teil 1 - Mi 467-473

Die erste Medaillonausgabe ab 1932 fristet in den Markenausgaben der Weimarer Republik ein Schattendasein auch für Belegesammler, gibt es doch mit den Nothilfe- und Zeppelinmarken gesuchte, vermeintlich seltene Frankaturen. Schon die erste Marke der Medaillonausgabe, Mi 467, bietet uns wunderbare Belege, denn 4 Pf waren ab März 1931 bis Ende 1933 das richtige Porto für leichte Drucksachen. Der Reiz dieser Belege erschließt sich nicht aus der Michelkatalog-Bewertung, sondern sie sind ein Zeitfenster für Firmenwerbung der frühen 30-er Jahre. So wirft die Werbung des VITALIS Verlags  aus München vom Januar 1933 (Abb. 1) "Der Geschäftserfolg. Das goldene Blatt der Nebenerwerbs- und Existenzsuchenden" einen Blick auf den im Zuge der Weltwirtschaftskrise 1929 zusammengebrochenen Arbeitsmarkt. 



Abbildung 1

Ein Fernbrief mit zweimal Mi 467 und der farbgleichen Mi 454 mit Hindenburg noch ohne Medaillon macht Werbung für BLEYLE Textilien aus dem sächsischen Waldheim, eine Textilmarke die über ein halbes Jahrhundert einen guten Ruf haben sollte (Abb. 2).



Abbildung 2

Die erste Medaillonausgabe hat aber durchaus auch aus Markensicht mit der Mi 470 eine kleine Seltenheit zu bieten, die schon gestempelt mit 13 € Michel bewertet wird und auf Beleg schon eine bessere Frankatur darstellt. Auf Auslandspostkarte ist die Mi 470 portogerecht dann schon mit 170 € bewertet.  C.F. Lücke vom SCHAUBEK-Alben-Verlag mahnte mit ihr bei einem schwedischen Sammler 1933 eine ausstehende Rechnung an (Abb. 3). 


Abbildung 3

Deutlich mehr Bedarfsspuren musste eine Auslandspostkarte nach "Morogoro" (richtig statt Morogero) im "Tanganyika Territory", heute Tansania, verkraften, was ihr in Anbetracht des doch exotischen Ziels in die ehemals deutsche Kolonie Deutsch-Ostafrika verziehen wird (Abb. 4). 



Abbildung 4

Auf den Wert von seltenen Beförderungszielen, auch Destinationen genannt, auf Beleg wird in einer späteren Folge noch gesondert eingegangen. Ein eingeschriebener Brief ab "Bad Berka" mit einem Dreierstreifen der 470 (Abb. 5) weckte beim Autor nur kurz die Hoffnung auf eine rare Mehrfachfrankatur mit 350 € Michel. 



Abbildung 5

Doch bereits vor Erstausgabe dieser Marke am 1.10.1932 sank am 15.1.1932 das Porto für einen einfachen Brief von 15 auf 12 Pf, womit der Brief um 3 Pf überfrankiert ist, ein Umstand, der damals offensichtlich unbedeutend war. Mi 472 findet sich als 40 Pf-Wert oft als Zufrankatur für die Entrichtung des 40 Pf-Eilzuschlags, so auf der Eilkarte der Wirtschaftsstelle für Rundfunkapparatefabriken ab "Berlin" 28.11.1933 bahnpostlagernd nach "Erfurt" (Abb. 6). 



Abbildung 6

Der Höchstwert der 1932 Ausgabe Mi 473 ist von späteren 50 Pf Hindenburgausgaben leicht zu unterscheiden, denn er ist braun/siena statt grün. Man muss schon etwas suchen, um die Marke portogerecht auf Belegen zu finden und dabei genau die Portotabelle im Blick haben. Der ausgewählte Einschreibebrief ab "Berlin" (Abb. 7) überrascht mit 55 Pf Porto. 



Abbildung 7

Wiederum ab 15.1.1932, hier aber entgegen dem einfachen Briefporto nicht bis 1945, sondern nur bis 30.11.1933 war der doppelgewichtige Brief mit 25 Pf korrekt frankiert. Ebenenfalls mit 55 Pf korrekt frankiert ist ein eingeschriebener Auslandsbrief bereits seit 1925, also keine Seltenheit. Dies ändert sich jedoch deutlich, wenn man dieses Porto in MiF mit ebendieser Mi 473 darstellen will, denn dann wird sie schon mit 70 € bewertet. Das lässt sich noch deutlich steigern, wenn auch nicht vom Michelwert her, wenn man das Glück hat, Mi 473 mit Randnummer wie auf den eingeschriebenen Brief nach "Belgrad" 1937 darzustellen (Abb. 8). 



Abbildung 8

Eine schon nicht "einfache" Hindenburgfrankatur wird dann doch zu etwas Besonderem. In den weiteren Folgen wird sich von den Michelbewertungen gelöst und der Blick soll gelenkt werden auf Besonderheiten, die sich weder am Wert der gestempelten Marke noch durch einen Blick auf die Bewertung von Einzel- oder Mehrfachfrankaturen erschliesst. Auch kommt es dem Autor auf die nicht wenigen Besonderheiten wie Wasserzeichen oder geschnittene Marken-Exemplare unter den Hindenburg-Ausgaben an, sondern auf Beförderungsumstände, die durch Zusatzleistungen wie Einschreiben, Luftpost, durch außergewöhnliche Absender oder Beförderungsziele entstehen. Diese Dinge muss man nicht mit der Lupe suchen. Manchmal springen sie einem förmlich ins Auge. Um ihre Besonderheit, vielleicht Seltenheit zu verstehen, muss man sich einfach etwas Zeit nehmen und die Überlegung zulassen, dass etwas auch Wert hat, was nicht im Katalog als wertvoll ausgewiesen ist. Belege mit einem sichtbaren Bezug zur Wirtschaftsgeschichte wie die ersten beiden des Artikels können auch in Zukunft Menschen an die Philatelie heranführen, denn sie haben per se einen "Mehrwert" durch das Zeitfenster, das sie uns eröffnen. Oder sie sind einfach nur schön anzuschauen.

Dr. Axel Eska, IPV 1877 Dresden e.V.

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