Ältester Briefmarkensammlerverein Deutschlands


500 Jahre Bergstadt Marienberg  

Die im sächsischen Erzgebirge gelegene Stadt feiert im Frühjahr diesen Jahres das 500. Jubiläum ihrer Gründung. Noch Anfang des 16. Jahrhunderts sagten sich im oberen Erzgebirge Fuchs und Hase gute Nacht in einer Region, die vom Gelehrten des Frühmittelalters Thietmar von Merseburg mit dem Namen "Miriquidi", also Dunkelwald bezeichnet wurde. Der Waldbestand und die Ruhe waren dahin, als um das Jahr 1500 Silberfunde einen regelrechten Run auslösten. Das "Berggeschrey" veränderte alles und der berühmte Bergaltar von Hans Hesse in der Kirche des benachbarten Annaberg zeigt in ikonenhafter Weise was dann geschah. Die Region wurde vom Bergbau neu erfunden; der Bergaltar zeigt im Mittelbild eine Landschaft, die von Schachtöffnungen geradezu übersät ist. Der Wald scheint schon rasch dem Bergbau zum Opfer gefallen zu sein; Grubenholz und Holzkohle für die drei Münzstätten im Erzgebirge forderten ihren Tribut. Die Münzstätten brachten dem sächsischen Kurfürsten unermesslichen Reichtum. Kurfürst Friedrich der Weise (1463-1525) sammelte als guter Katholik damit Reliquien, die für zwei Millionen Jahre Ablass reichten (!) und lehnte dennoch die Wahl zum deutschen Kaiser ab. Vielmehr bot er dem Papst Leo X. die Stirn, schützte Martin Luther und ebnete dem Protestantismus den Weg. Vielleicht erinnern sich ja die Leser an den amerikanischen "Luther"-Film und an den großartigen Peter Ustinov, der den Kurfürsten verkörperte. Der Wald des Erzgebirges wurde von einer Unzahl Wagemutiger, Habenichtse und Abenteurer geflutet, die Mehrzahl kam aus Franken. Das trifft auch auf den Mathematiker Adam Ries zu, der aus dem fränkischen Staffelstein kam und 1522 in Annaberg anlangte und dort mit seinen Rechenbüchern der Rechenweise mit arabischen statt römischen Ziffern zum Durchbruch verhalf. Der Leser merkt, so abgelegen die Region auch war, die kulturellen Folgen ihrer Erschließung strahlten auf ganz Deutschland und darüber hinaus zurück. Marienberg (dazu Abb. 1) selbst wurde per Urkunde am 27. April 1521 von Herzog Heinrich aus der albertinischen Linie der sächsischen Wettiner (der Kurfürst vertrat die ernestinische Linie) gegründet.



Abbildung 1: Sächsischer Einschreibbrief mit Nummern- u. Achteckstempel Marienberg

Er selbst herrschte auch in Friesland (!) und war mit einer mecklenburgischen Prinzessin verheiratet, die ihn letztlich 1536 zum Übertritt zum protestantischen Glauben bewegte. Die Anlage der Stadt erfolgte in Erwartung reicher Silberfunde in bisher nicht gekannter Art und Weise: Von einem Marktplatz, hundert mal hundert Meter im Quadrat führten an jeder Seite drei Straßen rechtwinklig ab und bildeten so die erste Renaissance-Stadtanlage nördlich der Alpen. Der Silberbergbau erreichte um 1540 seinen Höhepunkt und die Anzahl von fast tausend Zechen im Marienberger Revier verdeutlicht den Bergbau-Boom. In diese Periode fällt die Weihe der spätgotischen Hallenkirche St. Marien mit ihrem hohen Dach und Turm, heute eins der Wahrzeichen der Stadt (Abb. 2).



Abbildung 2: Postkarte "Marienberg" mit Kirche im Stadtbild vom 28.2.1893

1610 verheerte ein Brand die Stadt und vernichtete 550 Häuser, was doch für eine ehemals stattliche Siedlung zu Beginn des 17. Jahrhunderts spricht. Danach ging es bescheiden weiter, der Silberbergbau wurde durch Kupfer-und Zinnförderung abgelöst, die per se nicht mehr so lukrativ waren. Das Leben in der Bergstadt war beschwerlich, wozu das harte Klima nahe des Erzgebirgskamms zu Böhmen betrug und beiträgt. Das Erzgebirge ist ein Pultgebirge, an dem sich oft die Wolken stauen. Das Klima ist hier härter als im nur 35 km nördlich gelegenen Chemnitz. Der Wald wurde wieder aufgeforstet, jedoch in Monokultur mit der aus Nordeuropa stammenden Fichte, die hartes und feuchtes Klima schätzt. Doch nicht der Klimawandel setzte dem Wald hart zu, sondern die Abgase der im böhmischen Becken liegenden Braunkohle-Kraftwerke, die in den 1980er Jahren zu einem fast kompletten Absterben des Waldes in Kammlagen führte. Der Autor, der in Marienberg aufgewachsen ist, kann sich noch an die hellgrauen, nadellosen Telegrafen-Stangen erinnern, die vom ehemals grünen Wald am Kamm übrig blieben. Der Erzgebirger schätzt den Wald, die Ruhe von ihm ausgeht und er ist Teil seines Wesens und seines Liedguts "Wu de Walder haamlich rauschen..." Ja, heute rauschen sie wieder, Filteranlagen nach 1990 machten es möglich, man konnte es sich damals kaum vorstellen. Die Wende hat viel verändert im Erzgebirge: Viele große Industriebetriebe wie das Kühlschrankwerk dkk (Der erste FCKW-freie Kühlschrank der Welt und trotzdem nicht im bundesdeutschen Vertriebsnetz geordert) und das Motorradwerk MZ in Zschopau (in den 20ern weltgrößter Motoradradhersteller) sind ebenso Geschichte wie die große Zahl von Arbeitsplätzen insbesondere für Frauen in der verschwundenen Textilindustrie. Die Arbeitsplätze, die blieben für die, die nicht abwanderten, waren für Jahrzehnte im Mindestlohnsegment verhaftet. Marienberg verlor sein Krankenhaus, was für einen Neubau in Zschopau abgerissen wurde. Ein Glücksfall für die Stadt ist die Standorttreue der Bundeswehr. Seit 1696 sind Soldaten in Marienberg stationiert, von 1873 an gab es eine Unteroffiziersschule.




Abbildung 3: Ansichtskarte vom Marienberger Postamt nach "Kilwa"/Ostafrika 1903, rs. ASt

Deren Zöglinge sorgten für interessante Post bis in die Kolonien (Abb. 3) bzw. in das japanische Kriegsgefangenlager "Kurume" (Abb. 4 von 1918).



Abbildung 4: Kriegsgefangensendung vom 24.11.1918 portofrei an einen Seesoldaten ins japanische Kriegsgefangenenlager "Kurume" mit Ankunftsstempel und handschriftlich "10.12.19 erh(alten)."

Marienberg ist heute keine Kreisstadt mehr, dafür Verwaltungssitz des Mittleren Erzgebirgskreises. In das Postamt (Abb. 3), wo der Autor als Jugendlicher mit einem Sammlerausweis die DDR-Neuerscheinungen abholte (Abb. 5; erschien allerdings noch vor meiner Zeit...), ist eine Apotheke eingezogen.



Abbildung 5: Auslandsbrief mit der ersten DDR-Marke, Mi 242 portogerecht ab "Marienberg" einen Tag nach Ersttag 10.10.1949

Attraktiv ist das waldreiche Umfeld Marienbergs, die Wandermöglichkeiten im Schwarzwassertal, am Hirtstein u.a. Einer Bekannten, die unbedingt nach Patagonien reisen wollte, "wegen des Windes", empfahl der Autor, doch mal im Herbst auf dem Erzgebirgskamm zu wandern. Da gibt es abgelegene Hochmoore, das gelbe Gras bildet einen reizvollen Kontrast zum Grün der Wälder, die heimlich rauschen... Der Wind kann in Kammlagen auch eisig pfeifen. Am schönsten ist es aber zur Weihnachtszeit, wenn in vielen Fenstern die Schwibbögen leuchten und das Erzgebirge sein Fest feiert. Auf dem großen Marienberger Marktplatz ist dann nicht nur ein Erzgebirgs-Weihnachtsmarkt mit der vom Schnitzerverein geschaffenen Ortspyramide aufgebaut, sondern eine Kunsteisbahn sorgt für noch mehr Freude.  

Dr. Axel Eska, IPV 1877 Dresden e.V.

Quellen: wikipedia



Abbildung 6: Irrläuferbrief des Autors ab "Marienberg" 15.4.1986 nach Kanada. So kam man als (DDR)-Jugendlicher zumindest per Post mal um die Welt und das Einsammeln von möglichst vielen Stempeln (14 war mein Rekord) war die Idee eines Schulfreundes.

 


 Abbildung 7: Ausschnitt mit Landpoststempel "Lengefeld-Kalkwerk/über Marienberg." Im Kalkwerk wurde im 2. Weltkrieg ein Teil der Dresdner Gemäldesammlung gelagert.