Segmentstempel Fridingen
(vorgestellt von Arndt Göbel, IPV)
Eine eigentlich nicht seltene Ganzsache des deutschen Reiches (P 93X, Wasserzeichen Z 1 untereinander) fand ich in einem Posten; die Art des Stempels hatte ich allerdings noch nie gesehen. Der ebenfalls abgeschlagene Ankunftstempel „TUTTLINGEN / 9 / JUL / 02 / f 10-11 V *“ war klar aus einem württembergischen Ort. Eine entsprechende Internet-Suche führte zur Arge WÜRTTEMBERG e. V.; dort war eine Erklärung für die unge-wöhnliche Form des Stempels zu finden: „Von diesen Bahnpoststempeln, … , streng zu unterscheiden sind die Bahnstempel (Segmentstempel), die Stempel der Bahnverwaltung sind. Mit den Bahnstempeln wurden etwa die Frachtbriefe abgestempelt (siehe dort). Gelegentlich kommen sie aber auch auf Poststücken als Neben- oder Entwertungsstempel vor (etwa, wenn in kleineren Bahnhöfen gar keine Poststelle eingerichtet war) und sind in dieser Form sehr gesucht. Aus diesem Grund sind alle bahnamtlichen Segmentstempel auch in den Stempelhandbüchern unserer Arge mit erfasst, obwohl dort eigentlich nur Poststempel aufgeführt sind.“
(https://www.arge-württemberg.de/de/sammelgebiete/nebengebiete.php#anchor_663bdf6f_Accordion-12-Bahnpost )
Deutsches Reich, Ganzsache P 63X, Stempel „FRIDINGEN 9 / VII“
So weit so gut. In Katalogen kann man nachlesen, dass ab dem 1.4.1902 auch in Württemberg keine eigenen Postwertzeichen mehr emittiert wurden, stattdessen nun auch dort die üblichen der Reichspost verwendet wurden. Allerdings stellt sich sofort die Frage, wieso eine 2-Pf-Ganzsache? Diese Portostufe wurde bekanntlich im Zuge der Übernahme der Privatpostunternehmen durch die Reichspost per 1.1.1900 extra für den Ortsverkehr eingeführt. Nun lag Fridingen zwar an der Bahnlinie von Tuttlingen nach Inzigkofen, war aber kein Stadtteil von Tuttlingen.
Eine mögliche Erklärung: Fridingen gehörte von Tuttlingen aus gesehen zum Nachbar-Ortsverkehr (oder auch Nachbarschaftsverkehr); wie damals üblich, wäre in diesem Fall die Ortsgebühr für eine Postkarte zu entrichten gewesen. Leider ‚knapp daneben und doch vorbei‘, denn diese Regelung betraf einen Bereich von 10 km um den Ausgangsort, Fridingen ist aber etwa 15 km von Tuttlingen entfernt … Erst die Annahme, dass Fridingen damals direkt zum Bestellbezirk von Tuttlingen gehörte (sogenannter Oberamtsverkehr), liefert eine mögliche Erklärung für das 2-Pf-Porto.